Essentielle Führungskompetenzen für eine Welt im Wandel
Die Rahmenbedingungen: Arbeit 4.0, employer branding, …
Arbeit 4.0 bedeutet eine hohe Verdichtung der Arbeitsintensität. Routinetätigkeiten, sog. no brainers, werden zunehmend von Expertensystemen übernommen. Damit fallen die Regenerationsphasen zwischen Phasen intensiven, konzentrierten Arbeitens weg. Das ist nicht nur extrem fordernd, sondern wirkt sich auch ungünstig auf die langfristige Leistungsfähigkeit aus.
Diese Entwicklung ist eingebettet in eine Welt, die von einer steigenden Frequenz disruptiver Ereignisse geprägt ist, also von Veränderungen, welche die Spielregeln eines etablierten Marktes verändern. Eine derartige Unsicherheit bedeutet per se Stress für die Beteiligten – und damit ein verringertes Leistungsvermögen.
Auf der anderen Seite steigt der äußere Erwartungsdruck und die Ergebnis-Transparenz. Als ob sie ahnen würden, dass ihre Leistungsfähigkeit vielleicht nicht in vollem Umfang über die ganze Lebensarbeitszeit erhalten bleibt, und dass unsichere Märkte auch unsichere Jobs bedeuten, suchen sich junge, hochqualifizierte Arbeitskräfte ihre Arbeitgeber heutzutage sehr sorgfältig aus: soll es lieber der etablierte Player sein, dessen Geschäftsmodell vielleicht schon morgen überholt ist, oder das ambitionierte Start up, das seine Krisenfestigkeit erst noch unter Beweis stellen muss? In diesem ‚war for talents‘, dem Wettbewerb um Talente, wird ‚employer branding‘ zum entscheidenden Merkmal: Wer sind wir? Wofür stehen wir? Wie gehen wir miteinander um? Zielgerichtete Entwicklung der Unternehmenskultur ist hier gefragt – ein anspruchsvoller Prozess, der Ressourcen bindet, aber andererseits auch Identitäts-stiftend und hoch motivierend sein kann, wenn er professionell gesteuert wird. Wenn ‚employer branding‘ stattdessen auf ein paar knackige Slogans, schöne Broschüren und coole Messeauftritte reduziert wird, die mit der gelebten Realität nichts zu tun haben, erweist sich dies schnell als Bumerang: nicht nur die gewonnenen Talente sind schnell wieder verschwunden, auch ihre Enttäuschung wird über social media sehr schnell transparent gemacht. Zukünftige Erfolge in der Rekrutierung von Nachwuchskräften werden in der Folge deutlich erschwert.
Einerseits schwierige Rahmenbedingungen durch Arbeit 4.0, andererseits hohe Ansprüche durch zunehmende Transparenz und authentisches ‚employer branding‘: wie sieht Führung aus, die dabei hilft, in diesem Spannungsfeld nachhaltig hohe Leistungen zu erbringen?
Die Kunst des Führens
So wie menschliche Leistungsbereitschaft von der Motivation abhängt, hängt die Leistungsfähigkeit davon ab, dass soziale Stressoren nicht über bestimmte Schwellenwerte hinaus angetriggert werden; dies haben zahllose neurobiologische Versuchsreihen klar erwiesen. In einer Welt, die von ständiger Veränderung und gleichzeitig hohen Ansprüchen gekennzeichnet ist, passiert jedoch genau dies immer wieder – wenn man nicht aktiv etwas dagegen tut.
Die Kunst des Führens (bezogen auf die Team-Leistung) besteht in hohem Maße darin, ein authentisches Gefühl von Sicherheit und Verbindlichkeit zu vermitteln in einer Welt, in der ständig die nächste Veränderung ‚droht‘, in der die eigene Kompetenz – und damit der eigene (Stellen-)Wert für die Organisation – schon morgen Schnee von gestern sein kann. Das betrifft zunächst die Führungskraft selbst: denn wie will ich als Führungskraft Sicherheit vermitteln, wenn ich selbst im Stress-Modus bin? Aber es ist auch (mit-)entscheidend, wie dies allen MitarbeiterInnen vermittelt werden kann. An diesem Punkt entscheidet sich, ob Führung die Leistung im Team steigert oder Leistung vernichtet. Dabei geht es nicht nur um die Reduzierung sozialer Stressoren bzw. die Erhöhung der individuellen Resilienz, sondern aktives Belastungs-Management ist gefragt. Bewusste Regenerationsphasen mit Normalbelastung müssen unternehmerisch vorausschauend eingeplant werden, damit Zeiten mit intensiver Belastung nicht zu Überlastung führen und dadurch die nachhaltige Leistungsfähigkeit verloren geht. Zusätzlich müssen die MitarbeiterInnen darin unterstützt werden, ihre eigene Selbststeuerungskompetenz adäquat zur Belastung zu erweitern.
Damit dies gelingt, muss eine Führungskraft die Leistungs-beeinflussenden Faktoren kennen und sie muss über passende ‚Instrumente‘ verfügen (wie führe ich ein Kritik-Gespräch, das im Anschluss die Leistung erhöht und nicht reduziert?). Die Führungskraft braucht also auch ein klares Verständnis der Führungsrolle, ein passendes Führungs-Modell.
Transformationale Führung
Jeder kennt den ‚Klassiker‘ des Führungsmodells, die transaktionale Führung. Das Modell könnte auch heißen ‚Leistung und Gegenleistung‘: Die Führungskraft setzt Ziele, der Mitarbeiter erbringt seine Leistung, die Führungskraft belohnt / bestraft ihn mit Bonus / Malus, je nach Zielerreichung; danach neues Ziel, neue Runde. Die Leistung der Führungskraft ist dabei reduziert auf ‚Ziele vorgeben‘ und ‚Performance evaluieren‘.
Das reicht in Zeiten von Arbeit 4.0 jedoch bei weitem nicht mehr aus. Hier ist Führung gefragt, die hinsichtlich der laufenden Leistung und der nachhaltigen Leistungsfähigkeit einen Mehrwert schafft. Ein zielführenderes Verständnis der Führungsrolle hierfür bietet die ‚transformationale Führung‘. Bei der transformationalen Führung ist die Führungskraft wesentlich stärker mitverantwortlich für den Erfolg:
- Die Führungskraft ist Vorbild, nicht nur bezogen auf ihre sachliche Leistung, sondern auch in Bezug auf ihre Verbindlichkeit;
- Die Führungskraft setzt angemessene Ziele, inspiriert ihre MitarbeiterInnen und unterstützt sie dabei, die Arbeitsinhalte mit ihrer jeweiligen motivationalen Struktur zu verbinden;
- Die Führungskraft unterstützt die MitarbeiterInnen gezielt in ihrer individuellen Weiterentwicklung durch ‚intellektuelle Stimulation‘ und indem sie auf ihre individuellen Bedürfnisse wie z. B. Belastungsgrenzen oder Resilienzsteigerung eingeht.
Dies zeigt sich in besonderem Maße beim Thema Fehler-Kultur: wie wollen wir mit den Fehlern der andern und auch unseren eigenen Fehlern umgehen? Das Ideal – im Sinne einer tragfähigen Arbeitsbeziehung und eines neurobiologisch höchst produktiven Klimas – hat Norm Kerth (Agile Retrospectives) wunderbar auf den Punkt gebracht:
„Regardless of what we discover, we understand and truly believe that everyone did the best job they could, given what they knew at the time, their skills and abilities, the resources available, and the situation at hand.
At the end of a project everyone knows so much more. Naturally we will discover decisions we wish we could do over. This is wisdom to be celebrated, not judgement used to embarrass.“
Ergänzt man dieses Führungsverständnis der transformationalen Führung um Selbststeuerungs-Kompetenzen und unternehmerisches Handeln, dann kann Führung auch unter den aktuell sehr herausfordernden Rahmenbedingungen einen wesentlichen Beitrag zu einer leistungsorientierten und nachhaltigen Entwicklung leisten.
Wenn Sie Ihre eigene Führungskompetenz punktuell verstärken wollen, kann Führungskräfte-Coaching, ergänzt um fundierte Beratungselemente, den Weg deutlich verkürzen. Hier finden Sie mein Coaching-Profil.
Für die gezielte Führungskräfte-Weiterentwicklung in Ihrer Organisation erstellen wir gerne ein maßgeschneidertes Konzept. Dabei geben wir einem hands on-Ansatz eindeutig den Vorzug: lieber zunächst nur 2, 3 kleinere Veränderungen, die im Führungsalltag gut umzusetzen sind und deutliche Wirkung entfalten – und damit Lust auf mehr machen – als der große Wurf, der die Führungskräfte überfordert und deshalb bei den Mitarbeitern noch nicht mal im Ansatz ankommt.